Congress theme

Thema des Genfer Kongresses ESCAP 2017: TRANSITION

Wandel der Umgebung oder Verlust des Gleichgewichts?

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4 interviewees (German).Kinder und Jugendliche leben in einer Welt, die von ständigen Veränderungen beeinflusst wird. Dieses Phänomen hat eine doppelte Bedeutung: Es impliziert ein Leben voller Veränderungen in einer sich ständig wandelnden Umgebung verbunden mit einem potentiellen Verlust des Gleichgewichts. Transition, das Hauptthema des Kongresses ESCAP 2017, umfasst viele Aspekte, die für die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen relevant sind.

Eines der Schwerpunktthemen ist die Transition auf der soziokulturellen Ebene. Kinder und Jugendliche spüren die gegenwärtigen Veränderungen wie Migration und Globalisierung. Für viele Kinder waren diese Veränderungen im letzten Jahrzehnt dramatisch: Europa sieht sich heute mit den Unruhen in Syrien, Nordafrika und anderen Teilen der Welt konfrontiert, die Flüchtlingskrise ist als tägliche Realität vor den eigenen Toren sichtbar. Fachkräfte im psychischen Gesundheitswesen und viele andere Gesundheitsdienstleister spüren, dass die Zeit der Sicherheit vorbei ist. Sie stehen vor einer langfristigen Herausforderung, deren Umfang und Reichweite nicht bekannt ist. Von Fachkräften wird verlangt, dass sie Betreuungsangebote und psychotherapeutische Ansätze bieten, die es dieser verletzbaren Bevölkerung ermöglichen, ihre Schwierigkeiten mit einer neuen Definition jener Veränderungen zu überwinden, um so ernsthafte Schäden/Zusammenbrüche zu vermeiden. „Wir überlassen die Aufgabe, evidenzbasiertes Wissen und Begleitung zu bieten, den Flüchtlingshelfern. In dieser Situation, in der viele Kinder derartig radikale Erfahrungen durchleben müssen, sollte und wird dies die Aufgabe von ESCAP sein“, sagt Professor Dimitris Anagnostopoulos (Athen, Griechenland), Vorstandsmitglied des ESCAP und Leiter des ESCAP-Flüchtlingsprojekts „ESCAP für die geistige Gesundheit von Flüchtlingen im Kindes- und Jugendalter“.Professor Anagnostopoulos und sein Team werden einen Leitvortrag zu diesem Thema auf dem Genfer Kongress halten.

Organisatorische Aspekte
Ein weiterer Schwerpunkt des ESCAP-Kongresses in Genf wird die Transition der Systeme für das psychische Gesundheitswesen für Kinder und Jugendliche sein. Die Ergebnisse aktueller Untersuchungen bieten den Kongressteilnehmern mehr Einsicht in die Entwicklung psychiatrischer Störungen bei Kindern und Jugendlichen, die von den vielen Dynamiken, die zurzeit eine Rolle spielen, beeinflusst werden. Verschiedene Redner werden Möglichkeiten besprechen, wie sich Systeme des psychischen Gesundheitswesens an die sich ständig wandelnden Umstände anpassen können, und die zunehmende Bedeutung professioneller Veränderungen wie der Frühförderung unterstreichen.

„Eine neue Herangehensweise ist notwendig“, so Professor Patrick McGorry aus Australien, Hauptredner auf dem ESCAP 2017. „Junge Menschen suchen oft nicht bei den bestehenden Anbietern und Organisationen im Bereich Behandlung und Betreuung nach Hilfe oder Kontakt. Das wirft Bedenken und Fragen über die Zugänglichkeit und Eignung der Betreuungs- und Behandlungsangebote auf, insbesondere für junge Menschen mit psychischen Gesundheitsproblemen, die langfristige Auswirkungen haben können.“ McGorry ist ein Fürsprecher für die Senkung der Hemmschwellen im Gesundheitswesen über eine Herangehensweise, bei der in die Umgebung junger Menschen gegangen und diese aktiv in „ihre“ psychischen Gesundheitsprobleme einbezogen werden. McGorry: „Die sektorübergreifende Kooperation auf der Grundlage, was junge Menschen mit psychischen Gesundheitsproblemen brauchen, um voll am Ausbildungs- oder Arbeitsprozess teilnehmen zu können, sollte das Kernprinzip in dieser Herangehensweise sein. Gemeint ist eine Kooperation zwischen Schulen, Arbeitsagenturen, Arbeitgebern, Sozial- und Jugendarbeitern sowie Gesundheitsdienstleistern.“

FMPPEin bezahlbares Gesundheitswesen
„Von den psychosozialen Fachkräften wird bei dieser Herangehensweise erwartet, dass sie ihre Patienten in verschiedenen Phasen ihres Lebens und in unterschiedlichen Kontexten betreuen, in der Familie, in der Schule und unter Gleichaltrigen. Ziel muss sein, bezahlbare Betreuungsdienstleistungen anzubieten, damit diese kontinuierlich gewährleistet bleiben, wenn es eine Veränderung gibt“, sagt Professor Stephan Eliez, Präsident der Gesellschaft ESCAP und Vorsitzender des Kongresses ESCAP 2017.

Interdisziplinäre Zusammenarbeit
Dies verbindet das Kongressthema mit der Dringlichkeit der Zusammenarbeit. Die Transition von Patienten aus der Jugendpsychiatrie in andere medizinische Fachbereiche – wie der Pädiatrie - und in die Kinder- und Jugendpsychologie hat sich langsam zu einer Berufsroutine im europäischen psychiatrischen Gesundheitswesen für Kinder und Jugendliche entwickelt. Viele Psychologen wurden in die Kinder- und Jugendpsychiatrie aufgenommen; psychotherapeutische Ansätze gewinnen in Behandlungsprogrammen an Boden, und die psychologische Forschung hat sich als sehr wertvoll erwiesen. Der Genfer Kongress wird diese Themen eingehender erforschen und soll auch die Zusammenarbeit mit verwandten Fachrichtungen untersuchen wie der Sprachtherapie, der Beschäftigungstherapie, der somatischen Bewegungstherapie usw. Das Kongressprogramm möchte Modelle für die Bündelung von Kräften und Forschungsaktivitäten präsentieren, um die Evidenzbasis für kombinierte Behandlungen zu erweitern. „Es ist unvermeidlich, dass hierdurch das Pendel wieder in der klinischen Psychiatrie ausschlagen wird. Kinderpsychiater werden gezwungen sein, sich einer kritischen Prüfung zu unterziehen“, sagt ESCAP-Vorstandsmitglied und Forschungsleiter Johannes Hebebrand (Deutschland). „Für traditionelle Kinderpsychiater kann dies eine der schwersten Transitionen werden. Wir wissen seit langem, dass psychiatrische Störungen komplex sind und es keine einfache Antwort, schnelle Lösung oder Therapie gibt. Wir benötigen jetzt eine Transition in Richtung geschichteter Ansätze, die über die relativ simplen Diagnosekriterien hinausgehen.“

 

Dr Hélène Beutler (SGKJPP).

Beutler: „Die tägliche Arbeit mit Kindern und Jugendlichen verbessern.“

Reichweite des Programms
Der Programmausschuss des ESCAP 2017 hat Mut und Ehrgeiz bewiesen, ein so weites und tiefgreifendes Kongressthema wie „Transition“ aufzugreifen. Dr. Hélène Beutler, Mitglied des Programmteams und Copräsidentin der gastgebenden Schweizerischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie (SGKJPP) sagt: „Sehr viele Delegierte waren von der Reichweite des Kongressprogramms im vergangenen Jahr in Madrid begeistert. Es war einfach für jeden etwas dabei. Bei dem Kongress in der Schweiz wollen wir genauso vorgehen. Hoffentlich ermöglicht dieser Kongress es den Medizinern und Forschern, den unabhängigen Psychiatern mit eigener Praxis und denen, die an Instituten engagiert sind, die Antworten zu finden, die ihre tägliche Arbeit mit Kindern und Jugendlichen mit psychischen Störungen verbessern. Die Erfahrung des multidynamischen Wandels verbindet uns – Transition ist etwas, das alle angeht."